Frei nach dem Ausspruch „Was des einen Leid ist des anderen Freud.“, ziehen Zwangsversteigerungen viele Interessenten an. Vor allem, weil die angebotenen Immobilien und Eigentumswohnungen meistens deutlich unter Verkaufswert versteigert werden. Bei Eigentumswohnungen sind so Schnäppchen zwischen 65 bis 75 Prozent des Verkehrswertes zu machen. Bei Einfamilienhäusern reicht die Spanne zwischen 75 und 90 Prozent zum Verkehrswert der Gebäude und Grundstücke.
Die Versuchung, über eine Auktion zur neuen Immobilie zu kommen, ist also sehr groß. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen, denn einfach so Mitbieten und ein Häuschen abstauben geht nicht. Es gibt vieles für Kaufinteressenten zu beachten. Zunächst einmal gilt der Grundsatz, dass jede Zwangsversteigerung individuell auf das betreffende Haus, Grundstück oder die Eigentumswohnung zugeschnitten ist, sich die Details also von Zwangsversteigerung zu Zwangsversteigerung unterscheiden.
Auf die Details achten
Gerade die Details sind bei Zwangsversteigerungen ausschlaggebend und diese zu beachten, kann Käufer vor bösen Überraschungen bewahren.
Hier also ein paar Ratschläge, die sich Kaufwillige zu Herzen nehmen sollten.
Hintergrundwissen
Als erstes empfiehlt es sich, die Geflogenheiten bei Zwangsversteigerungen kennen zulernen, indem man einigen ohne Kaufabsicht beiwohnt. Außerdem sollte man sich ein wenig im Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) einlesen. Das Hintergrundwissen zum rechtlichen Verfahren vermeidet eventuelle Missverständnisse.
Suche nach dem Bietobjekt
Der zweite Schritt ist die Suche nach einem passenden Bietobjekt. Bekanntmachungen finden sich in den Schaukästen der Amtsgerichte, im Immobilienteil von Tageszeitungen, in regionalen Versteigerungskalendern und zunehmend auch im Internet. Hat man über das Internet oder im Versteigerungskalender eine passende Immobilie gefunden, dann sollte man sich auf jeden Fall noch mal die offiziellen Aushänge ansehen, diese sind nicht nur ausführlicher, sondern auch verbindlich.
Blick ins Grundbuch und Begehung
Danach ist der Blick ins Grundbuch des betreffenden Objektes notwendig. Ein Auszug aus diesem findet sich in der Gerichtsakte. Wichtige Punkte sind Belastungen wie Dauerwohnansprüche und Wegerechte. In der Gerichtsakte selbst befinden sich neben dem Grundbuchauszug auch das Gutachten und der Verkehrswert des Objektes. Das Gutachten gibt einem Aufschluss über Baumängel, Erträge der Immobilie und auch Bauauflagen, die mit dem Erwerb der Immobilie einhergehen können. Um Einsicht in die Gerichtsakte nehmen zu können, braucht man das Aktenzeichen, dieses kann man aber den Aushängen entnehmen. Zur den vorbereitenden Schritten gehört neben der Einsicht in die Gerichtsakte, auch eine Besichtigung der Immobilie mit einem Baufachmann und das Gespräch mit der Gläubigerbank. Eventuell ist hier eine freihändige Veräußerung möglich.
Versteigerungstermin prüfen
Für den anberaumten Versteigerungstermin sollte man folgendes beachten. Zunächst sollte man vorher prüfen, ob er noch aktuell ist, denn bei Einstellung des Verfahrens durch den Gläubiger können solche Termine noch abgesagt werden. Grundsätzlich können Gläubiger auch zum Versteigerungstermin das Verfahren absagen oder Schuldner einen Vollstreckungsschutzantrag stellen.
Die Versteigerung
Zum Termin sollte man auf jeden Fall pünktlich erscheinen, da zu Beginn noch mal die wesentlichen Punkte der Gerichtsakte durch den Rechtspfleger vorgetragen werden, so schützt man sich zusätzlich vor bösen Überraschungen. Ein gültiger Personalausweis ist ebenfalls Pflicht. Da der Gläubiger nach Abgabe des Gebotes von Bieter eine Sicherheitsleistung in Höhe von zehn Prozent des Verkehrswertes verlangen kann, muss man als Bieter entweder einen von der Bundesbank beglaubigten Scheck, einen Verrechnungsscheck oder eine Bürgschaftserklärung eines zugelassenen Kreditinstitutes dabei haben. Bis Februar 2007 gab es zudem die Regelung, dass man die zehn Prozent auch in bar leisten konnte. Diese Regelung wurde durch eine Einzahlung bei der Gerichtskasse ersetzt. Wenn der Bieter nicht den Zuschlag erhalten sollte, bekommt er die Sicherheit zurück.
Das Geringste Gebot
Ein potentieller Bieter muss sich im Vorfeld über das geringste Gebot informieren. Es wird auch in der Bekanntmachung durch den Rechtspfleger verlesen. Das geringste Gebot ist das Mindestgebot. Es deckt die Verfahrenskosten und Kosten aus vorrangigen Rechten, zum Beispiel Grundsteuern und bestehen bleibenden Rechten.
Das Gebot während der Auktion ist ein Bargebot, zu dem jeweils das Geringste Gebot hinzugerechnet werden muss, um das eigentliche Gebot zu berechnen.
Bieterhandbuch für Zwangsversteigerungen
Wer erfolgreich auf Häuser in Zwangsversteigerungen bieten möchte, muss dieses Buch als Pflichtlektüre lesen. erläutert den Verfahrensablauf einer Zwangsversteigerung aus Bietersicht – von der Terminvorbereitung bis zum Zuschlag und zur Räumung durch den Schuldner.
Sehr hilfreich sind die Tabellen, aus denen sich leicht ablesen läßt, welche Gesamtkosten sich durch die diversen Steuern und Gebühren für einen Bieter aus welchem Zuschlagswert ergeben. Lesen Sie hier mehr…
Bietstrategie
Für einen Bietinteressenten ist es sich wichtig, sich eine Strategie zurechtzulegen. Krumme Summen und Bietschritte erschweren es Mitbietern, die Höchstgrenze des Gegners zu ermitteln. Persönliche Höchstgrenzen sollten immer oberhalb einer geraden Summe liegen, nicht unterhalb, beispielsweise 109 000 Euro anstatt 99 900 Euro, das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ungeübte Bieter vorzeitig abspringen.
Drei Grenzen beim Bieten
Es gibt drei Grenzen, die ein Bieter im Hinterkopf behalten sollte, diese beeinflussen den möglichen Zuschlag durch das Gericht.
Erste Grenze
Die erste Grenze liegt bei 1/10 des Verkehrswertes des Versteigerungsobjektes. Liegt das Meistgebot (Bargebot plus bestehen bleibende Rechte) darunter, findet eine Vertagung des Gerichtes statt, damit der Schuldner Schutzanträge gegen die Vollstreckung stellen kann.
Die zweite Grenze
Die zweite Grenze liegt bei der Hälfte des Verkehrswertes. Wenn das Meistgebot darunter liegt, wird der Zuschlag nicht gewährt.
Die dritte Grenze
Die dritte und ausschlaggebende Grenze liegt bei 7/10 des Verkehrswertes. Wenn das Meistgebot darunter liegt, kann ein Berechtigter, z.B. die Gläubigerbank, einen Antrag auf Zuschlagsverwehrung stellen. Unter Umständen kann das auch oberhalb dieser Grenze geschehen.
Tritt der zweite oder dritte Fall ein, dann gibt es einen zweiten Termin für die Versteigerung, an dem diese Grenzen nicht mehr gelten.
Der Zuschlag
Es kann auch dazu kommen, dass keine Gebote beim ersten Termin abgegeben wurden, dann gelten beim zweiten Termin die Grenzen noch.
Um einen Zuschlag zu verhindern, hat ein Gläubiger ebenfalls die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen. Bei Neubeantragung gelten dann die Grenzen wieder.
Nach dem Erhalt des Zuschlages ist der Bieter Eigentümer des Zwangsversteigerungsobjektes. Kündigungen der Nutzung an den Alteigentümer oder von Mietern wegen Eigenbedarf sollten aus Gründen der Rechtssicherheit durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden.
Aus ethischen Gründen sollte man sich gegenüber Alteigentümern sozial verträglich verhalten, da oft persönliche Schicksalsschläge hinter der Zwangsversteigerung stecken.
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